Comey und Trump

Trump und Comey Verbunden in herzlicher Abneigung

Stand: 12.05.2017 03:18 Uhr

So ganz zufrieden war Trump mit Comey offenbar nie. Aus Sicht des US-Präsidenten hatte der Ex-FBI-Chef Hillary Clinton in der E-Mail-Affäre zu einfach davonkommen lassen. Doch das blieb nicht das einzige, was Trump an Comey störte.

FBI-Chef James Comey spielte eine Hauptrolle im Wahlkampf - unfreiwillig vielleicht, aber wirkungsvoll. Es ging um die E-Mail-Affäre von Hillary Clinton. Im Juli vergangenen Jahres stellte Comey die FBI-Ermittlungen gegen Clinton ein. Es war ein Freispruch zweiter Klasse, denn Comey zählte alle ihre Verfehlungen auf: "Es gibt Beweise, dass möglicherweise gegen Regeln für Geheiminformationen verstoßen wurde. Trotzdem schätzen wir ein, dass kein vernünftiger Ankläger das vor Gericht bringen würde."

Für Donald Trump war das wichtige Wahlkampf-Munition: Einerseits nutzte er das Statement, um auf Clintons Verfehlungen hinzuweisen - sozusagen FBI-geprüfte Verfehlungen. Andererseits nutzte er das Statement, um anzuklagen, wie verfilzt Washington ist. Im Oktober sagte Trump über Comey: "Nachdem er vorgelesen hat, wie schuldig sie ist, hat er sie davonkommen lassen. Andere wurden zerstört, obwohl sie viel weniger getan haben. Das ist eine Verschwörung gegen euch, das amerikanische Volk. Wir können das nicht zulassen."

Hillary Clinton beim CNN-Interview
Trump lässt Kommission angeblichen Wahlbetrug untersuchen
US-Präsident Trump lässt eine Kommission unter Vize Pence den angeblichen Betrug bei der US-Wahl 2016 untersuchen. Trump behauptet seit dem November 2016, bei der Wahl habe seine Konkurrentin Hillary Clinton zwischen drei und fünf Millionen Stimmen erhalten, die nie hätten abgegeben werden dürfen. Die Kommission soll binnen 30 Tagen ein Ergebnis vorlegen. In der Gesamtzahl stimmten für Clinton fast drei Millionen Amerikaner mehr als für Trump. Entscheidend war jedoch die Verteilung auf die Bundesstaaten und damit auf die Wahlmänner für Trump.

Dennoch sitzt die Niederlage beim "popular vote" bei offenbar Trump so tief, dass er trotz seines Wahlsieges bis heute nicht von der Behauptung lassen kann, nur Betrug könne zu diesem Ergebnis geführt haben. Ein Betrug in der behaupteten Größenordnung wird von Experten aber ausgeschlossen.

"Er hat sein Ansehen wieder hergestellt"

Zwei Wochen nach dieser Rede, wenige Tage vor der Wahl, änderte sich die Lage dramatisch: Comey schrieb nämlich einen Brief an den Kongress: Man habe neue E-Mails gefunden, die für die Clinton-Ermittlungen wichtig sein könnten. Die Demokraten schäumten vor Wut, Trump war zufrieden: "Das brauchte viel Mut. Ich habe wirklich nicht mit ihm übereingestimmt, war nicht sein Fan. Aber er hat sein Ansehen wieder hergestellt. Viele wollten, dass er das Falsche tut. Er hat das Richtige getan."

Nach seinem Wahlsieg sagte Trump, er überlege, ob Comey im Amt bleiben solle - schließlich entschied er sich dafür. Zwei Tage nach der Wahl kam es zu einer Szene im Weißen Haus: Trump entdeckte den FBI-Chef in einer Gruppe, sagte, Comey sei berühmter geworden als er selbst.

Trotz der einträchtigen Bilder: So ganz zufrieden war Trump mit Comey offenbar nie. Im April sagte er Fox Business, er vertraue dem FBI-Chef: "Weil ich jedem eine gute, faire Chance geben will. Direktor Comey war sehr gut zu Hillary Clinton. Ansonsten würde sie jetzt vor Gericht stehen."

Die "faire Chance" verspielte Comey in den anschließenden Wochen. Trump behauptete, Präsident Obama habe ihn abhören lassen - Comey weigerte sich, das zu bestätigen. Trump fand die Ermittlungen zu seinen Russland-Verbindungen lästig - Comey legte nach und wollte sogar mehr Leute dafür einstellen.

"Die Vorstellung verursacht mir leichte Übelkeit"

Schließlich kam es in der vergangenen Woche zur Kongress-Anhörung: Comey sollte sich zu dem Vorwurf äußern, sein Verhalten im E-Mail-Skandal habe die Wahl beeinflusst: "Es war furchtbar. Die Vorstellung verursacht mir leichte Übelkeit, dass wir die Wahl beeinflusst haben könnten. Aber ehrlich: Das verändert nicht die Entscheidung. Jeder, der anderer Meinung ist, muss sich mit mir zum 28. Oktober zurückversetzen und mir sagen, was er getan hätte. Sprechen oder verheimlichen?"

Damit hatte es sich Comey offenbar verscherzt: Das Justizministerium lieferte die Entlassungsgründe in einem dreiseitigen Brief, das Weiße Haus sprach von geschwundenem Vertrauen. Trump sagte bei NBC über Comey:

Er ist ein Aufschneider, ein Angeber. Das FBI war in Aufruhr. Sie wissen das, ich weiß das. Jeder weiß das. Schauen Sie sich das FBI vor einem Jahr an, es war buchstäblich in Aufruhr, weniger als vor einem Jahr. Es hat sich bis heute nicht davon erholt.

Trump und seine Berater hatten offenbar nicht damit gerechnet, dass die Entlassung des FBI-Chefs so einen großen Wirbel verursacht - hatten doch auch die Demokraten Comey immer wieder kritisiert. Da ging es aber um die E-Mail-Affäre. Jetzt geht es um die Russland-Verbindungen - und da hatten die Demokraten große Hoffnungen, ein eigensinniger FBI-Chef könnte den Präsidenten richtig unter Druck setzen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete das nachtmagazin am 11. Mai 2017 um 00:00 Uhr.