Mascha Schilinski

Deutsche Regisseurin in Cannes "Das ist natürlich ein Filmemachertraum"

Stand: 13.05.2025 11:47 Uhr

Sie ist als einzige deutsche Regisseurin im Hauptwettbewerb der Filmfestspiele in Cannes nominiert: Mit "In die Sonne schauen" feiert Mascha Schilinski eine Premiere in mehrfacher Hinsicht.

Von Anna Wollner, BR

Aufgeregt sei sie. Aufgeregt und voller Vorfreude auf das, was da kommen mag, sagt Mascha Schilinski. Ein paar Tage vor den Filmfestspielen in Cannes sitzt sie im Büro ihrer Berliner Presseagentur. So richtig hat sie noch nicht verinnerlicht, dass ihr gerade mal zweiter Spielfilm im Wettbewerb von Cannes laufen wird.

Als im Dezember die E-Mail des Festivals mit der Bestätigung kam, glaubte sie zunächst an einen Irrtum. "Ich habe immer wieder diese E-Mail gelesen, mit der Produzentin telefoniert, die auch kreischend am Telefon war", erzählt sie lachend. "Wir haben uns gefragt, ob 'Official Selection' irgendeine Sektion ist, von der wir noch nicht gehört hatten und ob es noch woanders eine 'Competition' gibt, weil wir es erst mal echt nicht glauben konnten."

Große Fußstapfen

Aber es gibt keine andere Sektion. "Official Selection" ist der Hauptwettbewerb des wichtigsten Filmfestivals der Welt. Zu den deutschen Regisseuren und Regisseurinnen, die hier zuletzt vertreten waren, zählen Maren Ade, Fatih Akin und Wim Wenders.

In die Fußstapfen der international erfolgreichen und preisgekrönten Kollegen treten zu dürfen, ist für Schilinski eine große Ehre. "Das ist natürlich ein Filmemachertraum, den jeder ein Stück weit hat." Ein Traum, der für sie in Erfüllung gegangen ist.

Bilderrausch in der Altmark

Schilinskis "In die Sonne schauen" ist ein Ensemblefilm um die Schauspielerinnen Lena Urzendowsky, Luise Heyer, Laenie Geiseler und Susanne Wuest - ein zweieinhalbstündiger, assoziativer Erinnerungsstrom. Die Handlung spielt in der Altmark in Sachsen-Anhalt auf einem Vierseithof, einem von vier Gebäuden umgebenen landwirtschaftlichen Betrieb. Erzählt wird aus der Perspektive jeweils einer jungen Frau über mehrere Jahrzehnte und Generationen eines Jahrhunderts.

Es ist eine radikale, subjektive Perspektive der Protagonistinnen, ein gewagter Ansatz, denn Schilinski zeigt nur Ausschnitte ihres Lebens. Der Film funktioniert wie das Erinnern an sich - er ist unzusammenhängend, mit Lücken, assoziativ eben. "In die Sonne schauen" spielt mit Erinnerungen und Erinnerungslücken, geht der Frage nach, was sich über Generationen hinweg in den Körpern der jungen Frauen manifestiert und sie unbewusst geprägt hat.

Szene aus dem Film "In die Sonne schauen".

Eine Szene aus Schilinskis Film "In die Sonne schauen"

Inspiration aus eigener Kindheit

Für die 40-jährige Regisseurin ist es ein sehr persönlicher Film, inspiriert von eigenen Erfahrungen und Gedanken aus ihrer Kindheit. Sie selbst ist in einer Berliner Altbauwohnung groß geworden. Schon als kleines Mädchen hat sie sich gefragt, was an genau der Stelle ihres Kinderzimmers alles schon passiert sei, welche Schicksale und Gefühle die Wände schon erlebt und gesehen hätten. Diese simple Idee hat sie auf eben jenen Vierseithof in der Altmark übertragen, bei einem Schreiburlaub mit ihrer Drehbuchkollegin Louise Peter, die auf dem Hof gerade an etwas anderem arbeitete.

Die einzige deutsche Regisseurin im Wettbewerb von Cannes im Jahr 2025: Wie lange Schilinski brauchen wird, um das verarbeiten, weiß sie noch nicht. Zu dicht getaktet ist der Terminkalender in den kommenden Tagen. Zwischen Premiere, Interviews, Empfängen und Filmvorführungen muss sie sich auch immer wieder um ihr wenige Monate altes Baby kümmern. Sie will das Festival trotz der vielen Stressfaktoren genießen - und alles einfach auf sich zukommen lassen.