Soldaten bewachen den Eingang des Dolmabahce-Palasts in Istanbul.
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Ukraine und Russland Neuer Anlauf für Verhandlungen - was heute passiert

Stand: 16.05.2025 10:03 Uhr

Gespräche auf höchster Ebene zwischen der Ukraine und Russland sind geplatzt. Trotzdem wird heute in der Türkei verhandelt. Wer ist dabei? Wie laufen die Gespräche ab? Und welche Forderungen liegen auf dem Tisch?

Was gab den Anstoß zu den geplanten Gesprächen in der Türkei?

Der Vorschlag für die Gespräche in der Türkei kam vom russischen Staatschef Wladimir Putin selbst. Er hatte am vergangenen Wochenende "direkte Verhandlungen" mit der Ukraine vorgeschlagen. Zuvor hatten die Ukraine und die EU versucht, den Druck auf Moskau zu erhöhen und eine sofortige 30-tägige Waffenruhe gefordert, was der Kreml jedoch ignorierte.

Der Ort für die Verhandlungen stand schnell fest: Wie bereits bei ersten Gesprächen im März 2022 - also kurz nach Ausbruch des Krieges - erklärte sich die Türkei bereit, die Verhandlungen auszurichten. Die Türkei unterhält nach wie vor gute Beziehungen zu Russland, als einziges NATO-Mitglied hatte sich die Türkei nach Kriegsbeginn nicht den westlichen Sanktionen angeschlossen.

Gleichzeitig steht die türkische Regierung unter Präsident Recep Tayyip Erdoğan im dauerhaften Austausch mit der Ukraine. Mehrfach hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in den vergangenen Jahren die Türkei besucht, zuletzt im März 2024. Die Türkei liefert Waffen an die Ukraine, vor allem die kriegswichtigen Drohnen. Die russischen Gebietsgewinne in der Ukraine hat die Türkei nicht anerkannt.

Wer ist für Russland in die Türkei gereist?

Mit seiner Besetzung der eigenen Delegation für die Verhandlungen hat Russland die Hoffnungen auf Gespräche auf hochrangiger Ebene platzen lassen. Wiederholt hatte Selenskyj gefordert, Putin solle persönlich in die Türkei kommen, um mit ihm zu verhandeln. Bis Mittwoch - also einen Tag, bevor die Gespräche ursprünglich hätten beginnen sollen - ließ Putin offen, ob er an ihnen teilnimmt. Dann teilte der Kreml mit, wer teilnimmt. Der Name Putin war nicht dabei.

Angeführt wird die russische Delegation von Präsidentenberater Wladimir Medinski. Der einstige Kulturminister gilt eher als politisches Leichtgewicht und wird international für die Verbreitung von Kreml-Propaganda kritisiert. So vermittelte der 54-Jährige in Schulbüchern eine unter Historikern umstrittene Sichtweise der russischen und ukrainischen Geschichte. Wissenschaftler und Kremlkritiker werfen ihm bewusste Fälschungen und Geschichtsklitterung vor.

Neben Medinski hat Moskau den stellvertretenden Außenminister Michail Galusin und Vize-Verteidigungsminister Alexander Fomin in die Türkei geschickt, zudem zählt Igor Kostjukow, Leiter des russischen Militärgeheimdienstes GRU, zur Delegation. An den Gesprächen nehmen des Weiteren Experten des Verteidigungsministeriums, des Generalstabs, des Außenministeriums und der Präsidialverwaltung teil.

Wer verhandelt für die Ukraine?

Auch das stand lange nicht klar fest. Der ukrainische Präsident Selenskyj war zumindest in die türkische Hauptstadt Ankara gereist und traf sich dort am Donnerstag mit Präsident Erdoğan. Doch nachdem klar war, dass Putin und auch nicht US-Präsident Donald Trump an den Gesprächen teilnehmen werden, lehnte auch Selenskyj eine Teilnahme ab.

An der Spitze der ukrainischen Delegation setzte Selenskyj seinen Verteidigungsminister Rustem Umjerow. Alle weiteren Unterhändler sind stellvertretende Leiter von Geheimdiensten, höhere Stabsoffiziere und ein Berater des Chefs des Präsidentenbüros. 

Warum haben sich die Gespräche verzögert und wie geht es nun weiter?

Ursprünglich hatten die Gespräche bereits am Donnerstag beginnen sollen. Erst hieß es russischen Medien zufolge, sie sollen am Vormittag starten, dann am Nachmittag und schließlich wurde klar, dass an diesem Tag niemand mehr miteinander am Verhandlungstisch sitzen wird. Hintergrund war eben jene Frage nach der Besetzung von Russlands Delegation und auf welcher Ebene die Gespräche geführt werden können.

Nun wird laut der Türkei in trilateralen Gesprächen verhandelt: zwischen den USA, der Ukraine und der Türkei sowie zwischen Russland, der Ukraine und der Türkei. Ob es ein Vierertreffen im Format USA, Russland, Ukraine, Türkei geben werde, sei noch nicht entschieden. Am Vormittag trafen die Delegationen im Dolmabahçe-Palast in Istanbul ein. Kurz darauf teilte das türkische Außenministerium mit, die Gespräche hätten begonnen. Sie finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Für die USA beteiligt sich Außenminister Marco Rubio, auch die Sondergesandten Steve Witkoff und Keith Kellogg sollen die USA vertreten. Das Außenministerium in Washington gab zudem bekannt, dass auch der Direktor für Politikplanung im Außenministerium, Michael Anton, bei den Gesprächen dabei ist. US-Präsident Trump hatte von einer Reise in die Türkei abgesehen, nachdem Putin sein Fernbleiben bekanntgegeben hatte.

Mit welchen Forderungen gehen die Ukraine und Russland in die Gespräche?

Die Ukraine drängt, unterstützt von der EU und den USA, vorrangig darauf, dass Russland doch noch einer 30-tägigen Waffenruhe zustimmt. Das ist aus Sicht der ukrainischen Führung die Basis, um über ein langfristiges Friedensabkommen zu verhandeln.

Russland hatte im Vorfeld der geplanten Gespräche betont, dass diese "ohne Vorbedingungen" geführt werden müssten. Auch Delegationsführer Medinski wiederholte diese Aussage und aus dem russischen Außenministerium hieß es, die eigene Seite zu "ernsthafter Arbeit" bereit, um eine Lösung zu erzielen. Doch dabei müsse die "Beseitigung der Ursachen des Konflikts" im Fokus stehen. Ein Hinweis darauf, dass Russland von alten Maximal-Forderungen auch diesmal kaum abweichen wird. Vom Verzicht der Ukraine auf einen NATO-Beitritt, von der Entmilitarisierung der Ukraine und von Ansprüchen auf in der Ukraine eroberte Gebiete.

Wie sind die Erwartungen an die Verhandlungen?

Eher verhalten. Zwar drängen die westlichen Unterstützer der Ukraine auf Fortschritte, vor allem was eine mögliche Waffenruhe betrifft. Doch US-Außenminister Rubio betonte am Donnerstagabend: "Wir haben keine großen Erwartungen an das, was morgen passieren wird." Für ihn bestehe die "einzige Chance" auf einen Kompromiss in direkten Gesprächen zwischen Putin und Trump.

Umso lauter wird die Kritik an Putins Fernbleiben. Damit habe sich der russische Präsident "allein ins Unrecht" gesetzt, sagte Bundeskanzler Friedrich Merz in der ZDF-Talksendung "Maybrit Illner". Und auch der britische Premierminister Keir Starmer warf Moskau eine "Verweigerung des Friedens" vor. "Wenn Russland nicht an den Verhandlungstisch kommen will, muss Putin den Preis dafür zahlen", mahnte Starmer.

Die EU droht Russland mit weiteren Konsequenzen, sollte es sich weiterhin weigern, einer Waffenruhe zuzustimmen. Wie die aussehen sollen, ist allerdings unklar. Merz verwies auf das jüngste Sanktionspaket der EU, das am Dienstag noch formell beschlossen werden soll. Das war allerdings schon geplant gewesen, bevor Russland den Vorstoß für direkte Verhandlungen vorgebracht hatte.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 16. Mai 2025 um 09:00 Uhr.